Neuerscheinung: "Aufbruch ist eines, und Weitergehen ist etwas anderes."
Frauenräume von der Saffa 58 über das Tagungszentrum Boldern zum Frauen*Zentrum Zürich
14.10.2020
Evelyne Zinsstag und Dolores Zoé Bertschinger
2017 gelang der Regisseurin Petra Volpe mit ihrem Film DIE GÖTTLICHE ORDNUNG ein Überraschungserfolg. Keine der Filmkritiken verkannte die Bedeutung dieses Films, der den mühsamen Kampf um das Frauenstimmrecht in der Schweiz komödiantisch vor Augen führt. Kaum eine der Filmkritiken aber schenkte dem Titel genauere Beachtung, die Medien schienen eine eingehende Diskussion der «göttlichen Ordnung» zu scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Unsere kollektiven Erinnerungen bezüglich der Verbindung von Religion und Politik sind auffallend kurzlebig – auch in der Frauenbewegung selbst. Deshalb ist das vorliegende Buch dem Verhältnis von Feminismus und Religion und insbesondere von Frauenbewegung, Kirche und Theologie gewidmet.
Im ersten Teil erzählt Evelyne Zinsstag die Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung entlang der Entstehung verschiedener (konfessioneller) Frauenverbände und stellt die Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) 1958 vor. Im Jahr vor der ersten eidgenössischen Abstimmung über das Frauenstimmrecht vom Februar 1959 präsentierte sich die Saffa 58 mit dem Ziel, die stimmberechtigten Männer der Einführung des Frauenstimmrechts gegenüber günstig zu stimmen. Das Scheitern dieser ersten Abstimmung hat auch das Bild der Saffa 58 rückwirkend negativ geprägt. Rund 60 Jahre nach der eidgenössischen Ablehnung des Frauenstimmrechts und der Saffa 58 zeigt Evelyne Zinsstag aus theologischer und religionswissenschaftlicher Perspektive ein vielschichtigeres Bild der Ausstellung, als es die bisherige Forschung zur Frauengeschichte getan hat. Die Saffa 58 war nicht einfach nur das Resultat einer eingeschüchterten, bieder-bürgerlichen Frauenbewegung, sondern auch der Geburtsort der ökumenischen feministischen Theologie in der Deutschschweiz und also einer wichtigen Akteurin im Kampf um die Neubestimmung der «göttlichen Ordnung».
Dem Weitergehen der Politik und Theologie von Frauen nach der Saffa 58 ist der zweite Teil des Buches gewidmet. Dolores Zoé Bertschinger diskutiert anhand der Biographien der evangelischen Theologin Marga Bührig und Feministin Doris Walser, wie wichtig die konfessionellen Bildungsräumen für die Zirkulation von feministischem Wissen und für das Wachsen der Frauenbewegung allgemein war. Dank Marga Bührig kam Doris Walser im evangelischen Tagungszentrum Boldern bei Zürich mit der feministischen Theologie in Berührung und vertrat später als einzige Laientheologin deren Anliegen in der Schweizerischen Evangelischen Synode. Wie Marga Bührig wurde auch Doris Walser nicht müde, sich in immer neuen Frauenkontexten weiterzubilden und auszutauschen – bis heute. Einer der Orte, an denen sich Doris Walser mit jungen Frauen trifft, ist das Frauen*Zentrum in Zürich. Hier wird seit 2016 ein intergenerationelles Gespräch gepflegt, das die Frauenbewegung als eine Tradition der Vermittlung auszeichnet.
Erhältlich bei eFeF.